02. August 2007: The Wall House #2

Die Mauer: Siegen - Groningen

Auf dem Weg nach Berlin steigen Erinnerungen auf, an die Zeit vor der Maueröffnung. Eine Mauer, die ganz Deutschland durchzog, eine Nation trennte und lange als Eiserner Vorhang gen Osten galt.
Doch die Mauer, die ich hier meine ist eher ein architektonisches Grundprinzip. In der Regel stützt sie eine weitere Ebene, bildet einen Raum oder hält ein Dach. An unserem Museum für Gegenwartskunst hat der Architekt Josef P. Kleihues (1933-2004) eine Mauer an den Eingangsbereich gesetzt. Eine Mauer, die in erster Linie nur Mauer ist, aber Eingangswand zu unserem Museum für Gegenwartskunst. In diese Mauer integriert ist eine Videowand, die manchmal das Innen des Museums nach außen spiegelt und manchmal Bühne für Künstlerische Videos, aber auch die Sponsoren des Museums ist.


Eine ebensolche Mauer fand Thomas Kellner beim so genannten „The Wall House #2“ in Groningen. Eine Mauer, die die Luft zu teilen scheint, ragt in den Himmel, unverziert als reine Betonwand. Einen solchen Eindruck kann man in Siegen kaum gewinnen, da man eher selten so zur Mauer steht, dass man auf die Schmalseite des Bauwerkes schaut. In Groningen steht das Wall House von John Quentin Hejduk (1929-2000) frei und man kann die Mauer aus allen Richtungen in die Höhe streben sehen. Das faszinierende ist, dass die Mauer ähnliche Dimensionen wie in Siegen besitzt, jedoch hier einen anderen Arbeitsanlass besaß. John Hejduk entwarf dieses Haus, und es war das einzige Wohnhaus, welches er entwarf, in den Anfang 70er Jahren. Er studierte an der Cooper Union School of Art and Architecture und der University of Cincinnati. 1953 schloß er sein Studium mit dem Master in Architecture an der Harvard Graduate School of Design ab. Nach Arbeiten in verschiedenen Architekturbüros eröffnete er 1965 sein eigenes Architekturbüro in New York.


In seinem Entwurf stellt er das Haus quasi auf den Kopf, oder besser auf seine Seite. So konnte er ein Konzepthaus entwickeln, in dessen Form, welche Ende der 90er Jahre bis zur Fertigstellung 2001 in Groningen gebaut wurde, alle Bestandteile des Bauens beinhaltet sind. Sein Anlass für ein solches Nachdenken über Architektur war der Kubismus, in dem das vollständige Subjekt in ein zergliedertes neues Objekt überführt wird. Eben dieser Zusammenhang veranlasste die Noorderlicht Stiftung, die in Groningen eine Galerie, einen Verlag, und ein Festival betreibt, Thomas Kellner zu einem Fotoprojekt einzuladen. In Hejduks Gebäude wird der Plan des Architekten, der Grundriss aus seiner Zweidimensionalität erhoben in die dritte Dimension. Das Blatt Papier wird zur Mauer, Zimmer lösen sich aus der Linie und strecken sich in den Raum zur Seite. Die einzelnen Zimmer hängen nun quasi an der Mauer. Der Eingang zu diesen hängenden Zimmern liegt auf der anderen Seite der Mauer. Dort muss man über eine lange Treppe einen Flur gleich einer Brücke erreichen, über die man das Arbeitszimmer am Anfang betreten kann oder über die schmale Brücke in luftiger Höhe zu den Zimmern der anderen Mauerseite wandert.


Wo der Zusammenhang zwischen der Siegener Mauer am Museum für Gegenwartskunst und dem Mauerhaus in Groningen liegen, konnten die Kuratoren der Wall House Stiftung nicht beantworten. Beide Architekten sind mittlerweile verstorben. Bekannt ist aber, dass John Q. Hejduk nicht nur mit Daniel Liebeskind arbeitete, sondern auch einer Einladung von Kleihues nach Berlin folgte, wo er am Bau des Tegeler Hafens (1985-88) beteiligt war.
Die Ausstellung „Thought Provoking Sense Provoking“ mit Arbeiten von: Thomas Kellner, Bill Jacobson / USA, Beth Yarnelle Edwards / USA, Isabelle Hayeur / Kanada, Wijnanda Deroo / Niederlande, Danwen Xing / China, Mitra Tabrizian / Iran/England and Anoek Steketee / Niederlande läuft in Groningen noch bis zum 2. September Zum Projekt Wall House hat die Noorderlicht Stiftung ein besonders schönes Buch entwickelt, welches in einem überdimensionalen Umschlag aus Pappe zwei Kataloge zur Ausstellung mit Texten und Bildern beherbergt. In Kürze wird es zu genau diesem Buch auch eine Sonderedition mit einem Bild von Thomas Kellner geben.

 

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