Vorbereitung auf das Arbeiten auf Reisen und verschiedene Projekte
Das Arbeiten auf Reisen ist ein großer Unterschied zu dem Arbeiten im Atelier. Ich fotografiere Gebäude überall auf der Welt, das erfordert natürlich Reisen. Diese Reisen können kurz oder lang sein und es kann auch vorkommen, dass ich für ein bestimmtes Projekt mehrere Gebäude an einem Ort fotografieren muss. Diese Projekte können, wie ich schon erläutert habe, entweder Kunstwerke sein, welche ich aus eigenem Antrieb produziere, oder sie können Auftragsarbeiten sein. Es kann auch passieren, dass ich zu diesen langen Reisen eingeladen werde, doch wenn ich sie aus eigenem Interesse antrete, dann besorge ich mir vor der Reise möglichst viele Bücher über die Stadt, um die Gebäude vorher betrachten zu können und einschätzen zu können, ob die Reise es wert ist, da für mich natürlich auch viele finanzielle Kosten damit verbunden sind. Wenn ich nun in eine Stadt reise, hilft es mir, mich dort von jemanden leiten zu lassen, so hat mich in London ein Sammler durch die Stadt geführt und in Russland wurde so etwas über die Kontakte im Museum organisiert. Die Zeit in Russland war äußerst anstrengend, ich musste um vier Uhr morgens früh aufstehen, dann standen ein paar Stunden Auto Fahrt bis zur nächsten Firma an, dann musste ich mir alles anschauen und entscheiden welches Motiv aus welcher Perspektive fotografiert wird, abends ging es dann wieder zurück und meistens fiel ich dann auch nur noch ausgelaugt ins Bett. Bei dem Projekt genius loci ging es um Georg Wilhelm Henning, das Museum hatte den Wunsch, ein Projekt zu haben, welches die Verbindung zwischen Siegen und Katharinenburg zeigen sollte, da der Siegener Georg Wilhelm Henning die Stadt Katharinenburg gegründet hat. Das Projekt basiert auf seiner Geschichte, es wird auch das Wissen um Metall behandelt. Dabei geht es auch darum, wie man es findet und verarbeitet in den Oral getragen hat, die Industriearchitektur spielt ebenfalls eine große Rolle. Da Metall zwei Zustände hat, flüssig und fest, habe ich beides in meine Bilder getragen, zum einen gibt es etwas Bewegliches und zum anderen etwas Statisches in den Werken. Dabei war mir bewusst, welches fotografische Wissen Siegen besonders in Bezug auf die Industriefotografie durch Bernhard und Hilla Becher trägt, und auch, dass ich eine andere Herangehensweise entwickeln musste als die beiden.
Das Leben während der Reisen früher und heute
Bei den Reisen habe ich oft nur ein kleines Apartment und nur im Museum Internet, das gibt mir viel Zeit um mich selbst zu reflektieren. Ich arbeite dann auch oftmals noch an meinem Skizzenbuch weiter und entwickle Ideen. In den ersten Jahren, in denen ich gereist bin, gab es nicht mal einen Laptop, höchstens mein Handy hatte ich dabei. Es gab nur das Skizzenbuch und die Kamera, ich habe abends meine Reiseberichte und meine Eindrücke aufgeschrieben, dadurch hat das Skizzenbuch sich teilweise zu so etwas wie einem Tagebuch für mich entwickelt. Im Jahr 2006 ging diese Zeit zum reflektieren jedoch durch den Laptop verloren. Inzwischen ist das Arbeiten auf Reisen so wie das eigene Büro nur mit anderer Aussicht, dabei ist es egal ob ich gerade in New York oder sonst wo bin. Die Arbeit am Laptop, also die Kommunikation und die Social Media Arbeit, geht weiter, wenn die Fotografie vor Ort geschafft ist. Mit der zunehmenden Digitalisierung geht auch eine unbedingte Erreichbarkeit mit her, durch die Bankenkrise im Jahr 2008 war es umso wichtiger, dass man unmittelbar auf ein Ereignis reagiert. Doch trotz aller Arbeit hat man auf den Reisen noch ein wenig Freizeit, in dieser kann man das Land und die Menschen kennen lernen. Bei Stipendien oder Aufträgen hat man sowieso schon mit Menschen vor Ort zu tun, das erleichtert es einem die Kultur dort besser kennen zu lernen. Allerdings gibt es natürlich auch so etwas Unangenehmes wie den Jetlag, durch den Zeitzonenwechsel kann es gut vorkommen, dass man am ersten Tag mal eben 14 Stunden lang schläft. Doch für mich ist das Reisen trotz allem der schönste Teil an meiner Arbeit, manche Projekte sind auch absichtlich so konzipiert, dass man bei ihnen möglichst viel von der Welt sieht.
Schwierigkeiten auf Reisen, eine Geschichte aus Griechenland
Doch auf meinen Reisen bin ich oftmals mit Schwierigkeiten konfrontiert. Zum Beispiel kann es passieren, dass man nicht fotografieren darf, das stellte sich beim Petersdom in Rom als Problem dar und auch in Mexiko kann man sich erst ab abends mit einem Bodyguard auf den Weg machen. In China hingegen verlief alles erstaunlich unproblematisch, doch auch in Moscow gab es Konflikte wegen der Kamera. Eine Anekdote kann ich zur Akropolis in Griechenland erzählen. Als ich dort war, war der Zugang zur Akropolis eintrittsfrei, ich bin also hinauf gegangen und habe mir die Akropolis angeschaut, jedoch tat ich das ohne Kamera. Am nächsten Tag war das Kassenhäuschen am Eingang besetzt und dort wurde ich nach meiner Kamera gefragt, die ich dieses Mal bei mir trug. Fotografen sind an der Akropolis verboten und durch das Stativ galt ich als professioneller Fotograf und nicht als Künstler. Ich versuchte mir also im Rathaus eine Drehgenehmigung zu holen, zunächst wartete ich dort ewig und musste schlussendlich mein Stativ unten lassen, konnte aber mit der Kamera hoch zur Akropolis. Dort habe ich dann improvisiert und meinen Unterarm als Stativ genutzt und habe es schlussendlich trotz allem geschafft, viele Bilder zu machen. Im Endeffekt wurde ich noch mehrmals über E-Mail und Fax gefragt, was ich dort getan habe, ich habe mich dann als Student ausgegeben und es gab eine riesige Diskussion, am Ende gab es für mich aber immer noch keine Genehmigung für die Bilder. Mein Glück war es, dass durch die Finanzkrise sich sämtliche rechtliche Lagen änderten und ich somit die Bilder nutzen durfte. Das Problem, von dem diese Diskussion überhaupt herkommt, ist, dass die Akropolis oftmals für Produkte verwendet wird.
Glück im Unglück in Rom
Eine andere Geschichte fand in Rom statt. Schon während der monatelangen Planung für die Reise war der Aufruhr darüber, dass der damalige Papst kurz vorm sterben ist, sehr groß. Er ist dann schließlich auch gestorben, dort war das Hotel für die Reise aber schon gebucht, und es sollte ein neuer Papst in Rom eingeweiht werden genau zu der Zeit, zu der ich meine Reise plante. Die Stadt wurde also auf die Einweihung vorbereitet, alles wurde abgesperrt und die Carabinieri verboten auch so etwas wie die Verwendung von Stativen am Dom. Ich suchte also nach einem Ausweg und kam darauf, die Grenzlinie zwischen Italien und dem Vatikan ausfündig zu machen und mich einfach auf die Seite des Vatikans zu stellen. Doch die Päpstliche Schweizergarde verbietet die Stative ebenfalls auf dieser Landesseite. Die Akkreditierung stand für die Presse bis zum Dienstag zur Möglichkeit offen, doch ich war erst ab Donnerstag in Rom, also zu spät. Der Raum zum Press Office stand jedoch offen und ich nutzte meine Gelegenheit und trat ein. Ich erinnere mich daran, dass es ein hoher Raum mit Holzstühlen war. Ich wartete in diesem Raum und wurde schließlich in einen weiteren Raum gerufen. Die Zuständigen dort dachten zunächst ich sei daran interessiert, den Papst zu fotografieren und erklärten mir, dass das nicht möglich war in der aktuellen Lage. Doch als ich anfing ihnen zu erklären wer ich war und was ich vorhatte und ihn mein Skizzenbuch zeigte erkannte einer von ihnen meine Arbeiten wieder. Das war mein großes Glück. Er machte es möglich, dass ich Zeit und eine Genehmigung und einen Ausweis zum fotografieren bekam und so konnte ich den Dom schlussendlich doch noch in einem Werk von mir festhalten.
Abgeführt vom Secret Service in Argentinien
Eine andere interessante Geschichte ereignete sich in Argentinien. Dort wollte ich für das Projekt g20 die Casa Rosada fotografieren, es war der letzte Tag vor dem Abflug und strahlender Sonnenschein. Das Scouting war mit allen durchgeführt worden und die Grundlage zum fotografieren war eigentlich optimal, bis ein Polizist zu mir kam und mich nachdrücklich von dort wegschickte. Der Präsidentenpalast hätte die Anweisung dazu gegeben, doch die Argentinier, die die Staatsmacht oftmals nicht gut leiden konnten, wurde dadurch sehr erbost. Sie fingen an zu schreien und zu pfeifen und durch die auf mich gelenkte Aufmerksamkeit berief schließlich der Secret Service mich in die Casa Rosada. Ich wurde hineingeführt und von fünf bewaffneten Leuten empfangen, diesen musste ich meinen Ausweis, meine Kamera und mein Skizzenbuch zeigen, ich wurde komplett überprüft. Die Prozedur dauerte ziemlich lange und als ich schließlich die Erlaubnis hatte die Casa Rosada zu fotografieren, stellte sich folgendes Problem: Die Order gegen mich war schon raus und noch gültig und der Polizeichef war bereits im Feierabend. Das verzögerte den Prozess noch weiter und die Casa Rosada muss im Sonnenuntergang fotografiert werden, mir lief also die Zeit davon. Doch guten Endes konnte ich nach dem aufregenden Tag ein Bild von der Casa Rosada machen. Eine andere vertrackte Geschichte fand im Ruhrpott statt, genauer gesagt an der Zeche Zollverein in Essen. Die Zeche verbot die Fotografie von dem Förderturm, weil ihnen das Copyright auf den Turm gehört, ich hatte einen Vertrag über das Copyright abschließen können in Bezug auf die Verwendung des Gebäudes als Logo oder in der Presse, dieser Vertrag hatte nichts mit Kunst zu tun und hätte mich ebenfalls 400 Euro Gebühr und einen Abzug gekostet. Für mich war dies eine absolut unfaire und unverhältnismäßige Forderung, deswegen fand ich ein Schlupfloch. Ich stellte mich auf den Bürgersteig und fotografierte den Turm mit einem Objektiv von weiter weg, da man jedes Gebäude, welches vom Bürgersteig aus ersichtlich ist, bedingungslos fotografieren darf.
Auszeit im Sommer zur Selbstreflektion und Inspirationen für Projekte
Ich könnte noch viel mehr erzählen, doch bevor ich zu sehr abschweife ins Geschichten erzählen mache ich lieber weiter. Bei dem Arbeiten auf Reisen muss man sich direkt einen Überblick verschaffen, von allem, was man produzieren muss, was auch das Filmmaterial für Social Media und die Dokumentationen vor der Arbeit betrifft. Früher habe ich das Reisen immer als eine Auszeit betrachtet. Während des Studiums habe ich einen Exkurs in die Provence gemacht um zu zeichnen und zu malen. Wir haben auch mal mit einem Kurs aus der Kunstgeschichte einen Exkurs nach Venedig gemacht, diese Auszeit habe ich zwei Jahre lang nach dem Studium jeden Sommer weitergeführt. Im Sommer habe ich dann einfach für acht Wochen meinen Job gekündigt und mir eine Pause genommen, ich nahm nur meine Kamera und mein Reiselabor mit und nahm mir Zeit um mich und meine Kunst weiterzuentwickeln. Da es zu der zeit nur SMS gab, diese aber auch sehr teuer waren und somit von mir wenig genutzt, war diese Zeit auch eine Möglichkeit, wieder zur Ruhe zu kommen und mich zu reflektieren. Andere Fotografen machen so etwas ähnliches oft im Winter und reisen in den Süden und sich eine Auszeit zu nehmen, doch bei mir spielt auch immer die Arbeit eine wichtige Rolle. Es gibt nichts als dieses weiße Blatt, auf dem Platz ist für neue Ideen und Gedanken. Ich stelle mir die Fragen, welches Experiment ich als nächstes angehen möchte und was ich jetzt warum machen möchte. In diesem Arbeitsprozess befeuert man sich und seine Ergebnisse praktisch selber, man schafft immer neue Anregungen bis man was findet, was tauglich für ein Projekt ist. Manchmal kommt man auch gar nicht selbst auf seine Motive, sondern wird von anderen darauf aufmerksam gemacht, beispielsweise in Ausstellungen. Es können Menschen von ihren Erlebnissen an der Grenze erzählen und anschaulich erzählen an welchen Grenzübergang man am besten gehen konnte und wie damals alles war. In der Ausstellung zu Tango Metropolis haben mir viele Leute von ihren Reisen erzählt und den Städten, die sie gesehen haben. Diese ganzen Erzählungen geben mir natürlich viele neue Anregungen und Ideen für bereits existente Projekte, aber auch für ganz neue Sachen.
Projekte über Abbey Lake und Stonehenge
Manchmal machen mich aber auch gezielt Personen auf gewisse Dinge aufmerksam, so wurde ich mal nach Cardiff eingeladen und wurde auf Abbey Lake, wo die Geburtsstätte der Fotografie liegt, und auf Stonehenge, die älteste Architektur der Welt, hingewiesen. Natürlich gibt es besonders bei so wichtigen Orten, den Druck auf mich etwas Geniales und etwas Großes zu schaffen, so habe ich mich auch bei der Aufnahme der Golden Gate Bridge gefühlt. Die Bilder, dich ich beim Abbey Lake und bei Stonehenge geschossen habe, habe ich dem lokalen Museum gestiftet, dieses hat mich Jahre später für die Black & White Ausstellung angefragt. Allgemein ist es schwierig unterwegs, da man manchmal ein Auto braucht, um zu seinen Motiven zu fahren oder eine Assistentin oder Übersetzerin zur Verständigung und Fortbewegung. Ich schließe bei solchen Reisen auch langjährige Freundschaften, mit Assistenten und Assistentinnen aus Brasilien und Schweden stehe ich noch heute in Kontakt. Es gehen aber auch mal Sachen schied, bei Flucticulus ist es mir passiert, dass ich eine Kamera falsch herumhatte und somit alles noch einmal fotografieren musste, da meine finanziellen Ressourcen als Künstler nur begrenzt sind, fallen mir so etwas wie doppelte Entwicklungskosten schwer zur Last. Doch ich bin dankbar für die Möglichkeit, meinen Beruf von überall auf der Welt ausüben zu können und dabei noch so viel von den unterschiedlichen Ländern und Kulturen kennen lernen zu können.