Leipzig und der Rest der Welt
Leipzig und der Rest der Welt
25. Januar – 17. März 2002
Kamera- und Fotomuseum, Leipzig
Ingolf Rosendahl: Thomas Kellner, in: Leipziger Volkszeitung, 25.1.2002
Ohne Robert Delaunay haette Thomas Kellners Fotokunst wohl ganz andere Formen angenommen. Der Maler gehoerte zu den franzoesischen Kubisten und wurde Inspirationsquelle fuer den Kuenstler aus Siegen: “Er hat eine wunderbare Serie ueber den Eiffelturm gemalt“, sagt Kellner.“ Die musste ich im Kunstgeschichtsstudium rauf und runter beten.“
Begeistert vom Spiel des Franzosen mit dem Farbklang reiste der Deutsche nach Paris. „Ich wollte die Idee mit fotografischen Mitteln umsetzen“, sagte er. Zum Gelingen trug bei, dass Kellner durchaus damit vertraut war, Fotos aus Einzelbildern zusammenzusetzen: „Ich habe lange experimentiert und Kameras mit Lochblenden selbst gebaut“, erinnert er sich an seinen Einstieg in so genannte multiple Bildsysteme.
Wie bei einem Puzzle zerlegt Kellner die architektonischen Leuchttuerme europaeischer Metropolen von London bis Lissabon. Doch nicht Zerstoerungswut ist sein Antrieb. Vielmehr schafft er aus den Truemmern etwas Neues, Paradoxes. Seine Puzzlesteine scheinen zu tanzen. Architektur, die es gern mit der Ewigkeit aufnehmen will, wird so vom Sockel geholt.
Meist setzt sich ein Bild aus den bis zu 36 Negativen eines Kleinbildfilms zusammen. „Ich habe aber auch schon mehrere Filme fuer ein einziges Bild verwendet“, so der Fotokuenstler. Zu sehen waren seine Arbeiten vieler Herren Laender, Beifall gab’s ueberall. Als das Moelkauer Kamera- und Fotomuseum Wind von Kellners juengsten Buch- und Ausstellungsplaenen bekam, meinten seine Macher Kerstin Langner und Andreas J. Mueller, dass sich auch Hiesiges, wie Hauptbahnhof und Wintergartenhochaus fuer Fotos anbieten wuerde: „Stimmt“, sagt Kellner. „So entstand mein Leipzig-Zyklus.“
(aus: Leipziger Volkszeitung, Ingolf Rosendahl, 25.1.2002)