Touch my skin - Hautnah

Touch my skin - Hautnah

Touch my skin - Hautnah

touch my skin – hautnah
12. Mai – 5. Juni 2016
Städtische Galerie Haus Seel, Siegen

 

Beteiligte Künstler: Helmut Geis, Renate Hahn, Thomas Kellner, Kai Uwe Körner, Dago Koblenzer, Kristian Kosch, Michael G. Müller, Petra Oberhäuser, Helmut Riekel, Michael Schumann, Helga Seekamp, Kurt Wiesner

"Konstruktion und Dekonstruktion, Komposition und Fragmentierung". Zehnder, Professor Frank Günter, PhD, Farbwelt 135-36, Kreis Düren, 2010, Düren, Seite 46

Touch my skin - Hautnah

Touch my skin - Hautnah

Ausstellung der ASK im Haus Seel
Frühjahr 2016

Schaut man bei Google nach unter „touch my skin“, dann meldet sich eine Würzburger Adresse für Haarentfernung, ein anderer Hinweis geht auf einen gleichnamigen Song der Gruppe „Infinite Dreams“. Auch wenn – was letzteres anlangt - die romantische Lesart  nicht abwegig ist, verfolgen wir mit dem Ausstellungsprojekt eine weiter gehende künstlerische Perspektive.

Doch zuvor möchten wir zum besseren Verständnis in der gebotenen Kürze einige wenige grundsätzlichere Anmerkungen machen: beim Thema  „Touch my skin“ geht es um unsere sinnliche Wahrnehmung, präziser unseren Sinnesapparat taktiler Wahrnehmung. Hautberührung und Tastsinn  eröffnen  uns vom ersten Lebenstag an die Möglichkeit sozialer Existenz, sichern unser Überleben. Durch taktile Reize erleben wir unsere Existenz als im Anderen geborgen und mit zunehmendem Lebensalter als Gegenüber zu begreifen. Über die ganze Lebensspanne hinweg geht es auch um eine sinnliche Vergewisserung der eigenen Existenz im Gegenüber, sei es in den frühen Lebensjahren durch taktile Reize, sei es im späteren Leben durch alltägliche Kommunikation (z.B. durch Begrüssungsrituale) bis hin zu Formen der Erotik bzw. des sexuellen Kontaktes. Es geht also um eine höchst existentielle Perspektive, wenn wir taktile Wahrnehmung zum Gegenstand von Kunst und zum Thema unserer Ausstellung machen.

Der Fokus unserer künstlerischen Überlegungen zum Thema „Touch my skin“ liegt also auf dem was uns berührt oder was wir berühren können im Sinne „hautnaher“ sinnlicher Wahrnehmung durch taktile Reize und Empfindungen. Dies ist gut vorstellbar bei Objekten, Plastiken, Installationen, die mit der Hand unmittelbar berührt werden können, zumal der Reiz Kunstwerke anzufassen, schon immer ein Thema (vor allem für die Aufsichtskräfte) ist. Schwieriger sind da schon bildliche Medien wie Malerei und Fotografie, auch wenn die Erfahrung zeigt, dass der Impuls in Ausstellungen auch Bilder anzufassen sehr groß, manchmal unwiderstehlich ist.

Sucht man in der Malerei nach Beispielen wo es gelungen ist mit malerischen Mitteln eine solche sinnliche Warnehmungsdimension zu erschließen, so stößt man auf Lucian Freud (resp. die Gruppe des britischen Realismus nach dem Zweiten Weltkrieg Bacon, Freud, Auerbach). Vor allem bei Freud ist ein gesteigertes Interesse an Körperlichkeit und am Phänomen Haut erkennbar.
Die Arbeiten von Lucian Freud sind gekennzeichnet  durch eine bis dato kaum gekannte tiefgründige Farbigkeit wie Nähe und Unmittelbarkeit. Der analytische Blick Freuds geht unmittelbar auf die Haut, ja er scheint in manchen Bildern in die Haut einzudringen, unter die Haut zu gehen um die darunter liegende Gewebestruktur offenzulegen. Die Haut wird zum Schlüssel für die künstlerische Annäherung an das Objekt bzw. die  Person und ihr Geheimnis. Sie ist – wie Invar Tolle Hollaus das bezeichnet hat - eine Art durchlässiges Membran, welches die Trennung der Figur von ihrem Umraum aufhebt und sie dadurch umso fragiler und schutzdedürftiger erscheinen läßt. (Vgl. LWL Museum Münster. Ausstellung „Das nackte Leben“). Die Figuren sind dem scharfen durchdringenden Blick des Künstlers ausgeliefert und lassen -  oftmals bis zur Schmerzgrenze - eine enge Nähe zur Person erkennen.

Deutlich wird an den Arbeiten von Freud, dass auch die Malerei eine Form der Unmittelbarkeit und Nähe herstellen kann, die mit unserem Ausstellungsthema intendiert ist. Freilich geht es nicht darum Freud zu kopieren, sondern um den Aspekt einer Arbeitsweise, ,die wir analytisch nennen würden, den Dingen auf den Grund gehend, eben „hautnah“,was im Übrigen nicht an ein bestimmtes Sujet (Aktmalerei, Portrait) gebunden ist. „Hautnah“ zu arbeiten bedeutet die Dinge in eine spürbare Nähe zu rücken.

Dies trifft im Übrigen auch die Perspektive des Rezipienten. Aus seiner Sicht könnte es beim Titel der Ausstellung  „Touch my skin“ um den Wunsch nach Nähe und Unmittelbarkeit gehen im Sinne von 'zeig mir etwas, was mich berührt, was mich ergreift' (was nicht gleichbedeutend ist mit einer Emotionalisierung) und was mir vielleicht auch „unter die Haut geht“ auch wenn damit die Gefahr verbunden ist, dass es schmerzt.

 

Stadt Siegen
Abteilung KulturSiegen
Haus Seel
Kornmarkt 20
57072 Siegen

Telefon: (0271) 404-3057
Telefax: (0271) 404-363057
E-Mail: h.dellori@siegen.de


Öffnungszeiten der Städtischen Galerie Haus Seel
Für die Dauer der Ausstellungen jeweils:
Dienstag bis Samstag:14.00 bis 18.00 Uhr
Sonntag und an Feiertagen: 11.00 bis 13.00 Uhr und
14.00 bis 18.00 Uhr
Kontakt während der Öffnungszeiten
Telefon: (0271) 404-1447

Danke

Thank you to Arbeitsgemeinschaft Siegerländer Künstler and Kultur Siegen for organizing this groupshow in our City Arts Gallery in Siegen.

Gerhard Glüher: Camera obscura – alte Technik, neue Impulse

Von 1993 bis 1998 baute Thomas Kellner nach anfänglichen Experimenten mit verschiedenen Lochkameras 2 für seinen Werdegang entscheidende Kameras. Eine Panoramakamera für die gesamte Länge eines 35mm-Films und eine Kamera Planfil mit 11 Lochblenden. Das Ergebnis im Band „11-Loch-Arbeiten“ sind schwarz-weiße, multiperspektivische, sich im Bild mehrfach wiederholende Objekte.

Die immer wieder neue Auseinandersetzung mit dieser Kamera und wechselnden Themen führte ihn in der Konsequenz zum komponiert dekonstruierten multiplen Bild. Diese waren am Ende seit 1997 Ausgangspunkt für seine Kontaktbögen des 35mm-Films.

„Vielfach ineinander verdrehte und aus der Orthogonale verschobene Bildsegmente verlangen einen ständigen Wechsel der Blickrichtung und des Standortes, um die gewohnte Ausrichtung gemäß der Schwerkraft vornehmen zu können. Da dies unmöglich ist, sind wir ständig gefordert, uns zu fragen, wo wir uns gegenwärtig im Tiefenraum des Bildes befinden. Bereits wenige Grade der Abweichung von der vorgegebenen Achse genügen, um den Blick und die Orientierung in einen Taumel zu versetzen, der gelegentlich an die Irrationalität der Traumbilder erinnert.

So sind Kellners Arbeiten für mich wie Geschichten aus Träumen, an die wir uns nach dem Erwachen auch nur bruchstückhaft erinnern und bei denen es so schwer ist, die Linearität der „Erzählung“ zu rekapitulieren. Verschieden Zeiten, Entfernungen, Wahrnehmungen schieben sich ineinander, Sprünge und unlogische Sequenzen wechseln mit scheinbar höchst realistischen Bildern, bis das Imaginierte wieder im Nebel des Vergessens verschwindet.“ (Gerhard Glüher, in: Thomas Kellner, 11-Loch-Arbeiten, 2000)