Zur Erinnerung an Reinhold Köhler (1919 – 1970)
Reinhold Köhler ist vor allem als Erfinder der Decollage und Contre-Collage bekannt. Er wurde am 28. Dezember 1919 in Dortmund geboren.
Als normaler deutscher Junge begann Reinhold Köhler eine kaufmännische Berufsausbildung. Danach wurde er als Soldat in den Zweiten Weltkrieg eingezogen. Als er 1941/1942 als Verwundeter nach Dortmund zurückgebracht wird, entstehen inmitten von Krieg und Depression seine ersten Aquarelle. Nach Kriegsende 1945 begann Köhler als Autodidakt in Altenseelbach im Kreis Siegen als bildender Künstler zu malen. Er beginnt, mit verschiedenen Materialien zu experimentieren: Waschen, Reiben, Gravieren, Kratzen, Reißen, usw., um etwas Revolutionäres und Fantastisches zu erreichen.
- Während des Krieges verfasste er einige Gedichte, die er in einer Sammlung von „Gedichten bis 1950“ zusammenfasste.
- 1949 richtete Reinhold Köhler sein erstes Atelier in Altenseelenbach ein, 1950/51 in Neunkirchen, 1952 dann in Eiserfeld.
- 1951 schuf Reinhold Köhler seine ersten faltigen Arbeiten und 1956-57 wandte er sich dem Material Sand zu, um „Materie-Bilder“ zu schaffen.
- Reinhold Köhler hatte 1958 Einzelausstellungen in Siegen, Düsseldorf, Kassel und Frankfurt, bevor er nach Paris zog.
Zu dieser Zeit entsteht auch die offizielle Bezeichnung seiner Werke, fortan: „Décollages purs“, „Décollages gravés“ und „Object décollages“. 1959 begann Köhler, mit dem Feuer zu experimentieren und schuf eine Serie von „Décollages brûlés“ - Papier, das durch den Abdruck von erhitztem Metall, meist Gabeln, geschwärzt wurde. Im selben Jahr veröffentlicht der mit ihm befreundete Schriftsteller und Philosoph Max Bense einen ersten Artikel über Reinhold Köhlers „Décollages“. 1953 siedelt der Künstler nach Siegen um. Er richtete sein Atelier im Dicken Turm des unteren Schlosses ein. Dieses Gebäude ist nicht nur den Siegenern, sondern auch den Bewohnern des Siegerlandes bekannt. Dort, in seinem Turm, begann er, seine ersten ungegenständlichen Kompositionen zu schaffen. Dieser Idee folgend, setzte er diese Bewegung mit dem Beginn der Contre-Collages (Bilder auf Glas) und den in Flaschen, Tellern und Isolatoren abgelegten Objekten um 1963 fort.
In einem Interview mit der Siegener Zeitung gestand Reinhold Köhler einmal: „Als ich die zerstörten russischen Städte sah, wurde mir zum ersten Mal klar, dass keine Form zerstört werden kann, ohne dass eine andere entsteht“. Reinhold Köhler beschäftigte sich mit der Ästhetik der "Nicht-Schönheit“ im herkömmlichen Sinne, der Schönheit des Zerstörten. Innerhalb weniger Jahre erweiterte Reinhold Köhler eifrig seine Ausdrucksmittel und fand zu einer manchmal radikalen, oft aber auch poetischen Bildsprache. Im Laufe seiner Karriere reiste er viel: Er ging nach Italien, Frankreich, Spanien usw. Sein malerisches Genie verschaffte ihm einen Ruhm, der in ganz Europa für seine Technik nicht zu übersehen war.
1966 erhielt Reinhold Köhler ein Stipendium der Aldegrever Gesellschaft, um in der Druckerei Kätelhön in Wamel am Möhnesee zu arbeiten. Ab 1968 lehrte er an der Fachhochschule in Siegen. Der Künstler starb am 24. April 1970 in Siegen.
Reinhold Köhler war für Siegen von großer Bedeutung, wie Wolfgang Suttner, einer der Gründer des Siegener Kunstvereins, feststellte: „Köhler ist und bleibt ein wichtiger Initiator der modernen Kunst, der über seine Arbeit für den Rubenspreis hinaus ein wichtiger kulturpolitischer Impulsgeber in Siegen war“.