In meinem Bilduniversum faszinieren mich besonders die Großstädte. Diese sind jedoch nicht einfach als spezifische Städte zu verstehen, sondern ebenso als Interpretation der Bedingungen, unter denen der moderne urbane Mensch lebt. Im urbanen Raum kann man Aspekte der historischen, politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren der Stadt ablesen. Deshalb nimmt die Architektur in meiner Arbeit eine zentrale Stellung ein, da sie den äußeren Rahmen schafft. Vor diesem Hintergrund habe ich Serien aus europäischen Städten wie Rom, Paris, Berlin und Belgrad geschaffen. Die radikale Urbanisierung Chinas machte es für mich zur Pflicht, das Land mit den am schnellsten wachsenden Städten der Welt zu besuchen. Das Ergebnis war die Ausstellung Brilliant City.

Zurzeit arbeite ich an der Serie Reqem Walk in the Desert. Trotz des Titels bleiben sie im gleichen Thema. Petra (früher Reqem) ist eine Stadt, die heute als geheimnisvolle Nekropole in der Wüste von Jordanien existiert. Ich verwende ihre Geschichte als eine Metapher für unsere Zeit. Vor mehr als 2000 Jahren war sie die wohlhabende Hauptstadt der Nabatäer, eines Nomadenstammes.  Sie wurden reich, indem sie Zölle erhoben und den Karawanen Unterkunft und Schutz boten. Der Niedergang der Stadt begann, als man entdeckte, dass die Karawanen eine Abkürzung nehmen konnten, indem sie mit den Monsunwinden das Rote Meer hinaufsegelten und so schneller an ihr Ziel gelangten. Petra verlor an Einkommen und Bedeutung als Karawanenhandelszentrum. - Europa scheint das gleiche Schicksal zu ereilen; das Wachstum verlagert sich nach China und Indien. Eine Entwicklung, zu der wir durch die Auslagerung von Arbeitsplätzen, Fabriken und Know-how beitragen, während wir gleichzeitig unter Finanzkrisen und Rezession leiden.

Was Petra betrifft, so kommen heute andere Karawanen mit den Nomaden unserer Zeit, den Touristen in den großen Bussen.  Ein neues Petra, das außerhalb der alten Stadt errichtet wurde, bietet ihnen Hotels, Restaurants und alles, was der moderne Reisende wünscht.

Die meisten meiner fotografischen Arbeiten sind als Fotogravuren auf der Grundlage von analogen Fotografien entstanden.

Inger Lise Ramussen bevorzugt die analoge Fotografie, weil sie die für die Tiefdrucktechnik charakteristische, reichhaltigste Tonalität liefert.

In ihrem visuellen Universum konzentriert sie sich auf moderne Großstädte, ihre Architektur und ihre Lebensbedingungen. Sie schuf mehrere Serien aus europäischen Kulturstädten wie Berlin, Rom und Paris. Bislang hat sie zwei Bücher veröffentlicht: Tageskarten aus Berlin und Raw Space, die eine breitere Interpretation der europäischen Geschichte und Kultur bieten. Beide Bücher sind mit einem Text von Finn Thrane in Dänisch und Englisch versehen. - In den Jahren 2007 und 2008 reiste Inger Lise Rasmussen nach China, um dort den expandierenden Urbanismus und die Transformation der chinesischen Gesellschaft zu studieren. Derzeit bereitet sie eine Einzelausstellung im Aarhus Centre of Contemporary Art im November 2009 vor, die auf ihrer Reise nach China basiert. Die Bilder werden sich wesentlich von denen in den Massenmedien unterscheiden. Der Titel Brilliant City stammt von einem riesigen Wohngebiet in Shanghai. In Verbindung mit der Ausstellung wird ein Buch mit demselben Titel erscheinen.