photographers:network selection 2007
Ende 2006 wurden wieder ca. hundert meiner Kollegen und Freunde weltweit eingeladen, die ich im Laufe der beiden letzten Jahre kennen gelernt habe, an diesem Projekt teilzunehmen. Es sind allesamt meist junge Fotografen, die ich bei Festivals, auf den Kunstmessen und in meinen Galerien kennen gelernt habe. Mit manchem verbinden sich bereits auch schon jahrelange Freundschaften. Es haben sich 69 Fotografen mit mehr als zweihundert Arbeiten für die Teilnahme beworben. Ziel des Projektes ist es ein Netzwerk unter Kollegen aufzubauen und sich gegenseitig zu fördern. Eine sachkompetente Jury aus einem Journalisten (Thomas Gerwers, PROFIFOTO), zwei Galeristen (Nicole Stanner, Galerie f 5.6, München, Burkhard Arnold, in focus, Köln) und einer Kunsthistorikerin (Diana Edkins, Aperture Foundation, New York) haben gemeinsam mit mir die auszustellenden Arbeiten ausgewählt.
Die Ausstellung zeigt kein bestimmtes Thema, auch wenn sich Überschneidungen mit meinen eigenen Interessen oder der der anderen untereinander ergeben. Jedoch zeigen die ausgestellten Arbeiten die Vielfalt der fotografischen Ansätze, die zeitgleich mit meinen eigenen Arbeiten entstehen. Mehrfach habe ich die Überlegung gestartet ein Thema für diese Ausstellung vorzugeben, doch scheint die Beobachtung der eingereichten und ausgewählten Arbeiten mir spannender und deutlicher den Standpunkt der Fotografen zu zeigen, als dem kuratorischen Willen den Vorrang zu geben.
Die meisten Kollegen traf ich im vergangen Jahr beim FotoFest Houston. Das was in der Auswahl des vergangenen Jahres fast vollständig fehlte ist plötzlich wieder präsent: Stillleben und Landschaften, neben personenorientierten Aufnahmen. Die Welt polarisiert und vereint sich in dieser Auswahl. Auf der einen Seite strahlen Bilder wie eine Japanische Landschaft von Trudy Lee Cohen oder der Gandhi Meditationspark von Felicia Murray oder dem Schlafzimmer von Lena Tsakmaki, der Tankstelle von Brad Temkin eine Ruhe aus, auf der anderen Seite werden wir mit einer verarmten, teils zerstörten Welt, wie bei Wolfgang Müller, Georgia Krawiec und Rania Matar konfrontiert. Zwischen verwelkten Tulpen bei Anna Halm-Schudel, einer graziösen Catleya von Frazier King und der an der Stange mit gespreizten Beinen schwebenden Stripteasetänzerin von Charise Isis baut sich eine lächelnde Spannung auf, die uns nicht traurig stimmt, sondern wie bei Rania Matar Hoffnung und Lebensfreude in einer bedrohten, vom Krieg zerstörten, Umwelt zeigt. Das spielende, uns die Arme entgegenstreckende Kind, wird beinahe zu einer Kernfigur.
Geduld und Spiel bedeuten dem engagierten Künstler Experiment und Disziplin die zu einer vollkommen eigenen Bildsprache oder Bildidee münden. Robert Bowen collagiert gefundene Postkarten zu neuen fabelhaften Bilderwelten, Gregory Scott benutzt gemalte Bilder als irritierende fotografierte Collage in der realen Welt. Seine Beine stecken im Wasser, während die Beine von Elizabeth Siegfried noch im Wasser treiben. Solche Parallelen sind bei einer jurierten Auswahl nicht gewollt, sondern ergeben sich durch Zufall und Beobachtung. Kevin O’Connell thematisiert in seinen Dyptichen die eigene Erfahrung von Beobachtung in der Landschaft und lässt den Betrachter diese Erfahrung nachvollziehen. Masaki Hirano zerlegt den Baumriesen in Scheiben von Fotopapier, die als Tableau den Betrachter in eine ying-yang-ähnliche Meditation führen. Anders geht Brad Carlile mit Landschaft um. Er experimentiert mit der Zerlegung des Lichtes in seine Spektralfarben und schafft wunderliche Bäume und Traumlandschaften. Der Alptraum des Krieges scheint überwunden, Ruhe, Besonnenheit, Nachdenken ist eingekehrt, und doch gibt es Geschichten, die jedem ein Alptraum wären. EJ Major greift eine solche Geschichte auf, ursprünglich dokumentiert durch Portraits der Britischen Polizei einer Straftäterin, die über zwanzig Jahre immer wieder straffällig wurde und deren Portraits die kriminelle Karriere und den körperlichen Zerfall dokumentierten. Diese Serie nahm EJ Major zum Anlass sich selbst diesem Verfallsprozess auszusetzen. Aber nicht etwa auf der Straße, sondern rein im Fotostudio und via Photoshop. Entstanden ist eine beeindruckende Serie, die den Verfall ihrer selbst zeigt gleich den Illusionen einer medialen Welt.
Etwas Geduld muß der Betrachter der Bilder mitbringen, etwas Ruhe finden, um die Hoffnung zu entdecken, die uns diese Fotografen anbieten.
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23.6. – 1. 7. 2007
Eröffnung 23.6. 15Uhr
Studio Thomas Kellner
Friedrichstrasse 42; D-57072 Siegen; Germany; www.tkellner.com Öffnungszeiten: Sa/So: 15-19 Uhr u.nV.