Von der Unmöglichkeit Identität zu fotografieren
Dieses Projekt begann mit einer Entdeckung: der ersten wegwerfbaren Kunststoffkamera von Kodak. Es war ein Kodak Panorama, 24 Aufnahmen. Wie schlau von Kodak uns glauben zu lassen, dass man kein 24 x 36 mm-Negativ erhalten würde, sondern noch viel mehr. Nachdem ich alle 24 Aufnahmen gemacht hatte, öffnete ich die Kamera und stellte fest, dass zwei Kunststoffteile das Format auf 12 x 36 mm reduziert hatten. Und natürlich würden Sie in den Laboren nur größere Drucke zum doppelten Normalpreis verkaufen. Wie genial!
Nun, nachdem ich die Kamera geöffnet hatte, zog ich Film und Plastik und natürlich auch die Plastiklinse heraus. Dahinter fand ich eine große Blende - eine perfekte Lochblende. Natürlich war sie für scharfe Bilder viel zu groß. Warum also nicht einfach unscharfe Bilder machen? Schärfe war damals doch nur eine Konvention in der Fotografie.
Als nächstes berechnete ich die neue Empfindlichkeit für einen Film, der nicht mehr mit einer Linse belichtet wurde, sondern einem Loch und ich musste auf 3600 - 4800 ASA Speedfilm umsteigen. Ich fing an, Momentaufnahmen wie Porträts meiner Freunde zu machen. Ohne die Linse musste ich die Kamera ganz nah an die Gesichter halten und fast ihre Nasen berühren. Meistens erschraken die Fotografierten fast, wenn ich ihnen beinahe die Kamera ins Gesicht drückte.
Die ersten Bilder waren wunderbar, fast wie verpixelte Bilder. Sie wurden meine persönliche Reaktion auf die berühmten Porträts von Thomas Ruff, die in den frühen neunziger Jahren Identität thematisierten. Für mich ist Identität jedoch mehr als nur der eine kurze Moment, das Hundertstel einer Sekunde, die eben nicht die Identität einer Person darstellen kann. Für mich ist die Identität eines Menschen viel mehr, vielleicht muss es verschwommen sein, die Person ist immer noch erkennbar, aber offen für weitere Ideen, wie dieses Wesen aussehen könnte.