Das Werk von Fischer und Thomas Kellner
Die in Zusammenarbeit von Thomas Fischer und Thomas Kellner entstandenen sieben Unikate spiegeln einerseits die von Kubismus und Dekonstruktivismus geprägte Technik Kellners, andererseits auch die einzelnen Produktgruppen von Fischer Elektronik und die Facetten des Firmengebäudes wider.
Thomas Fischer, der neben dem Geschäftsführer von Fischer Elektronik auch Kunstsammler ist, und der Künstler entwickelten Zitat-Werke, die neben Kellners einzigartiger, architektonisch geprägter Fotografiekunst das Konzept der Kryptografie verfolgen, was nur bei genauerem Hinsehen zu erkennen ist.
Die drei kryptografischen Werke
In dem Werk Albert Einstein verliert sich der Betrachter zuerst einmal in der Bildfläche. Durch die Verwendung von Kontaktbögen und der speziellen Positionierung seiner Kamera erschafft Kellner ein völlig neues, lebendiges Bild des Firmensitzes von Fischer Elektronik. Auffallend ist die ungewöhnlich gerade Eingangstür, die aus der schwankenden Fassade heraussticht. Die Fensterfronten heben sich voneinander ab, da die untere Front verschlossen ist, wohingegen die obere freiliegt. Auch hier spielt Kellner mit der Spiegelung der Fenster, sodass die Bewegung in seinem Kunstwerk eine Art Fluss erhält, der sich nur an dem geradlinigen Eingang unterbrechen lässt. Auch das mit grünen Gewächsen bepflanzte Beet scheint unberührt, sodass sich die Fensterfronten von dem in Waage gebliebenen Boden abheben und sich tatsächlich ausschließlich das Gebäude zu bewegen scheint. Mit den Schatten des Vordachs im Eingang bildet der Künstler einen aufsteigenden Bogen bis zur oberen Kante der blauen, scheinbar geriffelten Trennwand, an welcher der Bogen wieder steil abfällt und sich dem Betrachter ein parabolisches Bild des Eingangs bietet. Zwischen den Kontaktbögen stechen einzelne Punkte heraus, welche bei genauerem Hinsehen als elektronische Artikel der Firma Fischer Elektronik identifiziert werden können. Die spezielle Anordnung der Teilchen erinnert an kryptografische Sprache, die der Betrachter entschlüsseln muss.
In einem weiteren Stück der Corporate Art mit Fischer Elektronik wird dem Betrachter ein Fluchtwinkel in dem schmalen, dennoch von der Sonne erleuchteten Gang in dem Außenbereich des Firmensitzes Fischer Elektronik in Lüdenscheid präsentiert. Hier arbeitet Thomas Kellner erneut mit der Bewegung der Fensterfronten, als wäre die Statik um sie herum unbetroffen von den zitternden Impulsen. Oben rechts verläuft eine metallische Treppe, deren Geländer das Gegenstück zu den zackig verlaufenden Linien der Fensteröffnungen bildet. Auffällig ist, dass der Künstler trotzdem einen fast geradlinig verlaufenden Fluchtwinkel beibehält, der auf eine unauffällig – und gerade deshalb auffällig – weiße Wand zuläuft. Bei einem zweiten Blick fallen dem Betrachter die Einzelteile aus den Produktgruppen des Unternehmens Fischer Elektronik auf, die er zuerst einmal dechiffrieren muss, um die Botschaft hinter den zwischen den 448 Einzelaufnahmen versteckten Elektronikartikeln zu entschlüsseln.
Das letzte Werk der kryptografischen Reihe ist – ähnlich dem zweiten – die Aufnahme eines Fluchtwinkels. Die durch die Mitte der Bildfläche verlaufenden Streifen sind Decke und Gang der immens großen Lagerhalle von Fischer Elektronik. Die vielen Lagerregale leuchten in rötlichen bis knallig-pinken Farbtönen, wovon sich der Boden des Gangs in einem weicheren und helleren Beige abhebt. Auffallend sind die leuchtend gelben Elektronikartikel der Firma Fischer Elektronik, die zwischen den Kontaktbögen als Teile eines Codes eingefügt wurden. Der Kunstschaffende arbeitet in dieser Serie erstmals und mit größter Sorgfalt eine Dechiffrierung und Kryptografie in seine Werke ein. Die tiefe Verbindung der kleinen Elektronikteile und Kellners unverwechselbarer Handschrift, die das faszinierende Ergebnis der gelungenen Corporate Art zwischen Fischer Elektronik und dem Künstler ist, kann als Fortschritt von Thomas Kellners künstlerischer Weiterentwicklung identifiziert werden.
Die vier Wellen
Die in der flucticulus Serie entstandenen Fischer Wellen strotzen vor den Kernaussagen des Gesamtprojekts: Bewegung, Veränderung und Stärke finden sich in den stetig wachsenden Wellenkämmen, die zu überschlagen drohen. Kellner entwickelt eine Verknüpfung elektronischer Teilchen mit der ästhetisierten Wasserlandschaft und erzählt eine von abstrakten Abänderungen geprägte Geschichte.
Den Namen amet, lat. warm, tragend, besteht die erste der vier Wellen aus Fotografien der Produktgruppe Wärmeleitmaterial von Fischer Elektronik. Vor dem strahlend weißen Hintergrund treten auffällige Farbflächen in verschiedensten Grau-, Blau- und Grüntönen hervor. Näher betrachtet sind kreisförmige und ovale Materialien zu erkennen, die einen starken Kontrast zu den rechteckigen Collage-Elementen bilden.
Durch markante, tiefblaue und knallig grüne Bögen in der zweiten Welle bietet sich dem Betrachter ein neues, dynamischeres Bild der Fischer-Wellen. Der Titel frigus (lat. Kälte) kennzeichnet die einzelnen Kühlkörperteile, die Thomas Fischer selbst als „ästhetisch“ (Thomas Fischer, persönliche Korrespondenz, Lüdenscheid, 10. Juli 2020) beschreibt. Mit einer Vielfalt geometrischer Formen entwickelt der Künstler eine aufregende Wendung in dem Quartett.
Das einnehmende Grün der ersten beiden Werke verschwindet in defendere, lat. verteidigen oder schützen, plötzlich. Unterschiedliche Grau- und Blautöne bilden die permanenten Konstanten der Fischer-Wellen. Kellner unterbricht die bisherige Farbwahl durch einzeln verstreute, knallige Lilatöne, die das natürlich erscheinende Bild der vier Wellen abstrahieren. Eine Art Unruhe wird mithilfe der formativen Unregelmäßigkeit der Gehäuse konzipiert.
Ausschließlich die unterschiedlichen Grau- und Blautöne bilden in dem letzten Werk conjunctus eine konstante Fortführung. Die in der unteren Bildhälfte verwendeten, dunkelgrauen Steckverbinder erzeugen eine emotionsgeladene Wende und dominieren bzw. verdrängen die bisherige Farbvielfalt der vier Werke. Stattdessen blitzen goldene Farbtupfer aus der erhabenen Welle hervor, die dem betrachtenden Individuum ein aufbrausendes, Ehrfurcht einflößendes Erscheinungsbild vor Augen führen.
Von Werk zu Werk werden die sich aufbauschenden Wellen höher. Mittels unglaublich detaillierter Farb- und Produktunterschiede fügt Kellner eine weitere Bewegung in die vierteilige Reihe, die bei dem Betrachter eine Vorstellung von immensen Fluten der Technologie erweckt. Der Künstler bricht in seiner einzigartigen Auftragsarbeit mit der bisherigen, für ihn charakteristischen Architekturfotografie und verändert den Realitätsbezug der ästhetisierten Landschaftsdarstellung durch industriell gefertigte Einzelteile. Die Extreme des technologischen Fortschritts thematisiert und interpretiert Kellner auf unvergleichliche Weise und erreicht eine Wende von architektonischen Bauten hin zu Collage-Arbeiten aus kleinen Einzelteilen in seiner flucticulus-Serie.
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Autorin
Christina Kaiser, geboren am 06. September 2000 in Siegen
Studiengang: Medienwissenschaften mit Medienmanagement und Geschichte im Nebenfach
Praktikum: im Atelier Thomas Kellner 2020
Besondere Interessen: Geschichte, Politik, Literatur, Kultur, Fotografie, Ballett und Volleyball
Ziele: Schriftstellerin werden